Was ist LABS-frei?

Um die Frage zu klären, was LABS-frei bedeutet, ist es in erster Linie wichtig, zu wissen, was der Ausdruck LABS heißt, woher die Definition „LABS-frei“ kommt und welche Probleme sogenannte LABS verursachen können.

Die Abkürzung LABS

LABS ist die Abkürzung für den Begriff „Lackbenetzungsstörende Substanzen“. Dieser kommt aus der Lackiertechnik und beschreibt all jene Substanzen, die bei der Lackierung von Oberflächen zu bestimmten Fehlern, den sogenannten Kratern, im Lackauftrag führen. Dabei umschreibt der Ausdruck „Lackbenetzungsstörung“ sehr genau den Schadensverlauf, der dabei entsteht. Bei einer Nasslackierung wird die Benetzung der Oberflächen mit dem flüssigen Lack durch bestimmte Verunreinigungen gestört. Der Lack bildet keinen durchgängigen Film. Es entstehen Fehlstellen in der Lackschicht, die Krater.

 

Die Historie der Lacke und der Lackbenetzungsstörung

Das Phänomen der Lackbenetzungsstörung hängt maßgeblich auch mit dem verwendeten Nasslacksystem, also mit der Art des Lackes, zusammen. Hier gab es in der Vergangenheit einige Entwicklungen, die zur Verstärkung der Grundproblematik der Lackbenetzungsstörung geführt haben.

Autolacke

 

Autolacke – Die Anfänge bis heute

Die ersten Automobil-Lacke zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts waren noch aus natürlichen Zutaten hergestellt. Diese wurden um 1910 von öllöslichen Autolacken abgelöst. In den folgenden Jahren ging die Entwicklung der Autolacke aufgrund der höheren Ausbringungsmenge in der Automobilherstellung weiter, um die Verarbeitung und Haltbarkeit zu verbessern und die Trocknungszeiten zu verkürzen.

KFZ Lackierung – Hin zur Massenproduktion

In den 80er und 90er Jahren wurden in erster Linie Zweikomponentenlacke (2-K Lacke) aus Akrylharzen, dem Bindemittel, und Isocyanat, dem Härter, zur Lackierung von Automobilkarosserien eingesetzt. Diese Lacke auf Lösemittelbasis sind gut zu verarbeiten, lange haltbar und beständig gegen Einflüsse von außen, wie UV-Strahlung, Kraftstoffe oder Säuren.

Autolacke und die Umwelt

Durch die Verarbeitung großer Mengen stark lösemittelhaltiger Lacke werden hohe Mengen flüchtiger, organischer Verbindungen freigesetzt – eine Belastung für Mensch und Umwelt. Mit der am 11. März 1999 in Kraft tretenden europäischen Richtlinie 1999/13/EG zur Begrenzung von Emissionen flüchtiger, organischer Verbindungen wurde der Druck auf die Industrie für eine Weiterentwicklung der Lacke erhöht. Der Weg hin zu den Wasserbasislacken. Es folgen weitere Richtlinien, unter anderem im Jahr 2004 die Richtlinie 2004/42/EG (Decopaint-Richtlinie). Diese regelt die Emissionen flüchtiger organischer Verbindungen aus Spritzanlagen und begrenzt dadurch die Verwendung lösemittelhaltiger Lacksysteme, weil nur durch die Mitverwendung von wasserlöslichen Beschichtungssystemen die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden können. Seit 2010 gelten mit 2010/75/EU bzw. 2010/79/EU weitere Richtlinien zur Begrenzung der VOC (Volatile Organic Compounds = flüchtige organische Bestandteile). Seither werden vor allem bei der PKW Lackierung wasserlösliche Lacksysteme eingesetzt.

Wasserbasislack – Die Nachteile

Wenngleich die VOC Emissionen durch die Einführung und Weiterentwicklung der Wasserbasislacke reduziert werden konnten, brachte diese Änderung in der Lackiertechnik doch einige Nachteile mit sich. Wasserbasislacke trockenen beispielsweise langsamer als die bisherigen, stark lösemittelhaltigen Lacke. Dies erfordert in der Regel eine höheren Heizleistung und damit einen höheren Energieaufwand während der Trocknungsphase.

Speziell jedoch das Problem der Lackbenetzungsstörung wurde durch die Einführung von Lacken auf Wasserbasis verschärft. Durch den geringen Anteil an flüchtigen Lösemitteln können Wasserbasislacke nur mäßig Verunreinigungen, die auf den Karosserien oder anderen Oberflächen sind, aufnehmen und lösen. Wasserbasislacke reagieren daher empfindlicher auf sämtliche Verunreinigen, die eine gleichmäßige Benetzung mit dem flüssigen Lack stören können. 

Krater im Lack durch Lackbenetzungsstörung

Sind die Lacke, das Equipment oder die Oberflächen, die lackiert werden sollen, beispielsweise Autokarosserien, durch LABS (lackbenetzungsstörende Substanzen) verunreinigt, so kann der flüssige Lack beim Aufsprühen keine durchgängige Schicht bilden. An den verunreinigten Stellen, zieht sich der Lack vom Untergrund zurück, es bleiben Fehlstellen, die sogenannten Krater. Ursache für dieses Zurückziehen des Lackes ist in erster Linie die höhere Oberflächenspannung der verunreinigenden Substanz (LABS) gegenüber der des Lackes. Es muss also für eine entsprechende Sauberkeit aller Bauteilen, Substanzen und im gesamten Prozess der Lackverarbeitung gesorgt werden.

 

Silikonfrei, LABS-frei oder LABS-konform?

Saubere Komponenten oder Substanzen, die bedenkenlos in der Lackverarbeitung eingesetzt werden können, sind oft als LABS-frei, Silikonfrei, Fett- und Ölfrei oder als LABS-konform bezeichnet. Was bedeuten diese Definitionen und welches ist die richtige?

Silikonfreiist wohl die älteste Umschreibung der benötigten Sauberkeit für Produkte, die für den Einsatz in Lackierbereichen bestimmt sind. Da zunächst vor allem Silikone als lackbenetzungsstörende Substanzen auffielen, wird auch heute noch oft fälschlicherweise von Silikonfreiheit gesprochen. Neben Silikonen gibt es jedoch noch viele weitere Substanzen, die lackbenetzungsstörend wirken können. 

Dasselbe gilt für die Definition Fett- und Ölfrei. Es gibt viele lackbenetzungsstörende Substanzen, die weder den Fetten noch den Ölen zugeordnet werden können. Und es gibt durchaus auch Fette und Öle, die keinerlei lackbenetzungsstörende Wirkung zeigen.

LABS-freiist eine ebenfalls sehr häufig geforderte Produkteigenschaft zur Umschreibung der notwendigen Sauberkeit. Die Quellen von lackbenetzungsstörenden Substanzen sind sehr vielfältig. Von Weichmachern in Kunststoffen, über Trenn-, Zieh- und Gleitmittelreste, bis hin zu Betriebs- und Hilfsmittel oder Körperpflegeprodukte. Eine lackbenetzungsstörende Wirkung kann nicht eindeutig bestimmten Substanzen oder Stoffgruppen zugeordnet werden, eine Negativliste existiert daher nicht. Ob eine Substanz letztlich lackbenetzungsstörend wirkt, hängt stark von deren Wechselwirkung mit dem eingesetzten Lacksystem, der zu lackierenden Oberfläche und den Umgebungsbedingungen ab. Von einer pauschalen LABS-Freiheit eines Produktes, ohne Einbeziehen der Randbedingungen, kann daher nicht gesprochen werden.

Die Bezeichnung LABS-konform wird im VDMA Einheitsblatt 24364geprägt, einer Spezifikation zur Prüfung von Produkten auf lackbenetzungsstörende Substanzen. LABS-konform bezeichnet sehr viel genauer die wirklich notwendige Sauberkeit für Komponenten in Lackierprozessen. Bei dieser Definition werden sowohl die Einsatzorte in Lackierbereichen, deren Empfindlichkeit gegenüber LABS – die LABS Relevanz – und die Einsatzbedingungen der Produkte beachtet.

 

Elastomere sind LABS kritische Werkstoffe

Speziell Produkte aus Elastomerwerkstoffen oder anderen Kunststoffen (Polymere) sind in der Regel mit Substanzen verunreinigt, die sich bei einem Eintrag in Lackieranlagen lackbenetzungsstörend auswirken können. Einige Inhaltsstoffe, wie Weichmacher oder Alterungsschutzmittel, können sich über den Lauf der Zeit aus den Werkstoffen auslösen und an die Oberflächen migrieren bzw. ausschwitzen. Dort lagern sich diese Inhaltsstoffe ab und können in die Lackieranlagen, auf die Untergründe oder bei direktem Kontakt in den Lack übergehen und die Lackierung beeinträchtigen.

Auch auf die kleinen Komponenten, wie O-Ringe oder andere Dichtelemente muss also unbedingt geachtet werden. Diese kostengünstigen C-Teile werden in der Regel in Standardprozessen gefertigt, dort gibt es keinerlei Vorkehrungen hinsichtlich besonderer Sauberkeitsansprüche. Im Standard werden diese Produkte also nicht LABS-frei oder LABS-konform geliefert.

 

Wie wird ein Produkt LABS-frei bzw. LABS-konform?
– Die LABS Reinigung

 


Sofern ein Produkt nicht speziell aus LABS-konformen oder LABS-freien Materialien gefertigt und beim Fertigungsprozess Verunreinigungen von außen explizit vermieden wurden, müssen Komponenten in der Regel gereinigt werden. Abhängig von Material und Größe der Bauteile kommen unterschiedliche Reinigungsverfahren zum Einsatz. Automobilkarosserien beispielsweise werden unter anderem auch mit Lösemitteln gereinigt.

Mit der anschließenden Feinstreinigung, einer angepassten Plasmareinigung, werden die nach der Nassreinigung noch verbliebenen, haudünnen Rückstände organischer Substanzen entfernt und der Werkstoff an den oberen Materialschichten von kritischen Weichmachern und anderen Inhaltsstoffen befreit. Bei sorgsamer Prozesseinstellung der Plasmareinigung werden die Werkstoffe nicht beeinträchtigt. Es handelt sich bei dieser kombinierten LABS Reinigung um ein umweltfreundliches Verfahren.

 

Wie stellt man LABS-Freiheit bzw. LABS-Konformität eines Produktes fest?

Es gibt unterschiedliche Prüfverfahren, um die Eignung eines Produktes für den Einsatz in lackverarbeitenden Bereichen nachzuweisen. Bekannt sind unter anderem die VW Prüfvorschrift PV 3.10.7 und das verhältnismäßig junge VDMA Einheitsblatt 24364. Das Einheitsblatt 2436 ist hier erhältlich.

Generell werden bei einer LABS-Prüfung mit einem geeigneten Verfahren Proben der potentiellen lackbenetzungsstörenden Substanzen (LABS) gewonnen, auf einem lackierfähigen Untergrund aufgebracht und anschließend gezielt überlackiert. Die Begutachtung des Lackbildes erlaubt Rückschlüsse auf die benetzungsstörenden Eigenschaften der gewonnenen Proben.

Bei den herstellerspezifischen Prüfvorschriften, findet der reelle Einsatz eines Produktes (wo und wie?) in der Regel keine Beachtung. Unabhängig von Produkt und Einsatzbedingung wird mit derselben Prüfung und Prüfschärfe vorgegangen. Insbesondere bei Elastomeren kann dies dazu führen, dass taugliche Produkte ausgeschlossen (n.i.O. Ergebnis) oder sogar nicht taugliche Produkte zugelassen werden.

Der Ansatz des VDMA Einheitsblattes 24364, die LABS-Konformität von Produkten zu bestimmen, ist daher aus mehreren Gesichtspunkten empfehlenswert.

Die Prüfklassen und damit die Testdurchführung werden dem eigentlichen Einsatzwecke (=bestimmungsgemäßer Einsatz) eines Produktes angepasst. Zu scharfe, zu schwache oder nicht passende Prüfungen sind dadurch ausgeschlossen. Kombiniert man die Prüfklassen, können auch vielseitig eingesetzte Produkte überprüft werden.

Insbesondere bei der Reinigung von Elastomer Kleinteilen (Beispiel Dichtungen) können Kosten eingespart werden, wenn zuvor so genau wie möglich das notwendige Sauberkeitsniveau der Produkte anhand der Zonen-, Produktgruppen- und Prüfklasseneinteilung des VDMA 24364 definiert wird. Überflüssiger Reinigungsaufwand kann dadurch vermieden, eine Reinigung ökonomisch und ökologisch sinnvoll durchgeführt werden.

Bauteil mit guter Lackierung
Fotos: Gute Lackierung ohne Lackbenetzungsstörung.

 

Wir von der APO GmbH Massenkleinteilbeschichtung sind in der Lackierwelt zuhause und beraten Sie gerne ausführlich zu Reinigungs- und Prüfmöglichkeiten für saubere Lösungen für Ihre kleine Bauteile. Nehmen Sie Kontakt mit uns auf!