Silikone erfolgreich beschichten

Ein neuer Gleitlack und optimierte Beschichtungsprozesse garantieren dauerhafte Trockenschmierung für Silikonteile

Silikone sind zwar vielfältig einsetzbar, lassen sich jedoch nur schwer und meist nur unzuverlässig mit Gleitlacken beschichten. Ein neu konzipierter Prozess inklusive einer speziellen Funktionsbeschichtung schafft für diese Problematik nun wirkungsvolle Abhilfe.

Als eher noch junge Vertreter in der Geschichte der Polymere stehen Silikone bereits hoch im Kurs. Sowohl in der Automobilindustrie als auch im Lebensmittel-, Pharma- oder Medizinbereich werden die Allrounder gerne eingesetzt. Die vielseitigen Silikonelastomere überbrücken große Temperaturunterschiede, sind chemisch belastbar, alterungs- und witterungsbeständig und sind bei passender Vernetzung physiologisch unbedenklich. Und doch stellen sie die Anwender immer wieder vor große Herausforderungen. Denn ganz im Gegensatz zu ihren öligen Verwandten lassen die Gleiteigenschaften von Silikonelastomeren meist zu wünschen übrig.
Die meist kleinen Bauteile kleben teilweise schon bei der Anlieferung aneinander, in Montageanlagen sind sie schwer zu vereinzeln oder zuzuführen. Sind die Teile erst einmal aus der Packung genommen, so kleben schnell Staubpartikel an ihren Oberflächen, die zuvor in der Luft nicht einmal wahrnehmbar waren. Der Kraftaufwand für eine Montage der Teile ist durch ihre ungünstigen Reibwerte unerwartet hoch und im dynamischen Einsatz neigen Silikonteile, sofern sie nicht komplett an den Gegenlaufflächen anhaften, gerne zu Stick-Slip-Effekten.
Technische Silikonprodukte wollen also, wann immer möglich, geschmiert werden. Können dafür nicht uneingeschränkt Öle oder Fette genutzt werden, greifen Anwender häufig zu den zwischenzeitlich schon weit verbreiteten Gleitlacken. Doch gerade dagegen sperren sich Silikone. Die Teile kleben schon bei der Bearbeitung aneinander und die Beschichtungen haften oft schlecht auf Silikonkautschuk. Was bei anderen Elastomeren gut funktioniert, ist bei Silikonwerkstoffen oft zum Scheitern verurteilt. Will man sie erfolgreich beschichten, so bedarf es zunächst einer näheren Betrachtung der Beschaffenheit dieser speziellen Werkstoffgruppe. Denn diese erklärt so manches seltsame Verhalten der Teile während eines Beschichtungsprozesses.
Aus Sicht einer technischen Anwendung, beispielsweise in der Dichtungstechnik, sind es eher Eigenschaften wie die chemische Beständigkeit oder der Druckverformungsrest, die bei der Auswahl eines Elastomerwerkstoffes beachtet werden. Fragen nach der Oberflächenenergie oder einer Hydrophobie des Elastomers spielen in der Regel keine Rolle. Oberflächentechniker dagegen achten genau auf solche Merkmale, denn sie haben einen großen Einfluss auf den Erfolg von Beschichtungsprozessen. Da Gleitlacke in der Regel als Flüssigkeit auf Kleinteile aufgebracht werden, ist es wichtig zu wissen, wie gut sich die flüssigen Lacke auf der Bauteiloberfläche verteilen und anschließend mit ihr verbinden.
Silikonkautschuke weisen ein grundsätzlich trennendes Verhalten auf. Die typische, extrem niedrige Oberflächenenergie der Silikone verhindert, dass sich Flüssigkeiten, also auch Gleitlacke, gleichmäßig auf der Materialoberfläche ausbreiten können. Die Flüssigkeiten ziehen sich auf Silikonoberflächen meist zu Tropfen zusammen, statt einen durchgängigen Film zu bilden. Zudem wirken Silikone stark hydrophob und aufgrund ihres hohen Sättigungsgrades verbinden sie sich nur schwer mit den aufgebrachten Beschichtungen. Diese haften nicht ausreichend und platzen bei mechanischer Belastung schnell wieder ab.

Vorbehandlung führt zum Erfolg

Damit Silikonteile permanent und zuverlässig beschichtet werden können ist es notwendig, diese Oberflächeneigenschaften entsprechend zu verändern. Der theoretische Ablauf der Beschichtungsvorbehandlung unterscheidet sich bei Silikonen nicht von gängigen Prozessen. Eine wässrige Reinigung befreit die Produkte von oberflächlichen Verschmutzungen. Sind die Bauteile gewaschen und vollständig getrocknet, schließt sich ein Behandlungsschritt im Niederdruckplasma an. Dabei reagiert das Plasma im Vakuum chemisch und physikalisch mit dem Werkstoff und erzeugt reaktive Stellen oder chemisch funktionelle Gruppen an dessen Oberfläche. Die erfolgreich veränderten Bauteile besitzen eine stark erhöhte Oberflächenenergie, lassen sich gut benetzen und verbinden sich anschließend gut und dauerhaft mit den aufgebrachten Gleitlacken.
Doch bereits im ersten Arbeitsgang verhalten sich viele Silikone in herkömmlichen Prozessen völlig anders als andere Elastomere. Die Bauteile lassen sich oft schwer bearbeiten, kleben während der Behandlung zusammen und sprechen nur ungenügend auf eine Plasmaaktivierung an. Klassische Beschichtungen haften selbst bei erfolgreicher Vorbehandlung nur unzuverlässig auf Silikonen und lösen sich im Lauf der Zeit oder während der Montage der Teile von den Oberflächen ab. Die Beschichtungsqualität schwankt daher häufig von Charge zu Charge, was in modernen industriellen Abläufen nicht akzeptiert werden kann.

Lösungspaket für Silikone

Im Rahmen eines Projektes nahmen sich daher Experten der Oberflächentechnik und Lackherstellung gemeinsam einer Prozessoptimierung und Lackentwicklung für Silikone an. Die Ziele der gemeinsamen Arbeit waren es, effiziente und zuverlässige Prozesse zu etablieren und einen leistungsstarken Gleitlack zu schaffen, der zuverlässig und dauerhaft auf verschiedenen Silikonqualitäten haftet. Im Verlauf des Entwicklungsprojektes wurden zuerst der Einfluss der einzelnen Schritte der Vorbehandlung auf die Silikonwerkstoffe untersucht und für bestmögliche Beschichtungsergebnisse weiterentwickelt.
Obwohl Silikone für ihre Hitzebeständigkeit bekannt sind und auch bei hohen Temperaturen keinen Schaden nehmen, reagieren sie doch auf einen Temperaturanstieg während der Bearbeitung. Wird es im Reinigungsbad zu warm, so neigen einige Silikone dazu, stärker zu verkleben. Eine leichte Reaktion mit den eingesetzten Waschsubstanzen kann diesen Effekt noch verstärken.

Wärme im Prozess reduzieren

Häufig führt dies zu aufwändiger Nacharbeit oder zum kompletten Abbruch der Bearbeitung. Es galt also im Rahmen der Prozessentwicklung, bewährte Waschverfahren zu hinterfragen, passende Reiniger zu finden und Reinigungs- und Trocknungstemperatur exakt auf die Silikonwerkstoffe abzustimmen.
Gleiches gilt für die Plasmabehandlung. Obwohl Niederdruckplasma generell zu den nichtthermischen, also kalten Plasmen zählt und sich daher sogar für temperaturempfindliche Materialien eignet, erwärmen sich die Bauteile doch während der Behandlung in einem gewissem Ausmaß, was die Klebeneigung von Silikonteilen erhöht.

Mit Hochfrequenz weniger Wärme entwicklung

Je länger eine Behandlung im Plasma andauert, desto stärker steigt auch die Objekttemperatur. Nun kann die Behandlungsdauer für Silikonteile natürlich nicht beliebig verkürzt werden. Sie ist abhängig vom angestrebten Ergebnis, dem eingesetzten Prozessgas, den Prozessparametern und schlussendlich auch von der genutzten Anlagentechnik. In der Regel werden Elastomer-Kleinteile in Niederdruck-Plasmaanlagen aktiviert, die mit niedrigen Anregungsfrequenzen von etwa 40 kHz arbeiten. Das so erzeugte, recht homogene Plasma weist eine eher geringe Dichte auf. Da die Geschwindigkeiten der Reaktionen von der Plasmadichte abhängen, laufen sie bei der Niederfrequenzanregung eher langsam ab. Die Bauteile verweilen deshalb bei herkömmlichen Prozessen relativ lange in diesem Behandlungsschritt, bis sie ausreichend aktiviert sind.
Um die Behandlungszeiten zu verkürzen, wird im neuen Prozess für die Aktivierung von Silikonen daher das Plasma bei hohen Frequenzen von 13,56°MHz erzeugt. Das Hochfrequenzplasma ist dichter und die Prozesse dadurch effizienter. Die daraus resultierenden Bearbeitungszeiten betragen nur einen Bruchteil der üblichen Dauer, weshalb sich die Bauteile während der Behandlung auch nur minimal erwärmen. Kombiniert mit einem angepassten Prozessgas bereitet dieser Schritt nun die Silikonwerkstoffe optimal auf die nachfolgende Beschichtung vor. Abgerundet wird das Lösungspaket für Silikone mit der wasserbasierten Beschichtung APO-W3. Im Gegensatz zu herkömmlichen Beschichtungsvarianten ist die neue Lackrezeptur speziell auf die Eigenheiten von Silikonsubstraten ausgelegt und lässt sich einfach und effizient verarbeiten. Im Sprühverfahren aufgebracht, bildet der transparente Gleitlack auf den Bauteiloberflächen einen hauchdünnen und gleichmäßigen Film und verbindet sich zügig und zuverlässig mit dem Basiswerkstoff. Innerhalb kurzer Zeit und bei moderaten Objekttemperaturen vernetzt der hochelastische Gleitlack zu einer funktionellen Schicht, die dauerhaft die Reibwerte der Silikonteile senkt und ihre Klebrigkeit komplett eliminiert. Lagerungstests ergaben, dass die Schicht auch nach längerer Zeit selbst bei mehrfachen Montagevorgängen zuverlässig auf Silikonen haftet. Das Prädikat eines Pilotkunden, die Reibung wäre beinahe zu gering, bestätigt die erfolgreiche Arbeit des Entwicklungsteams und die Leistungsfähigkeit der neuen Beschichtung.

Anwender von Silikonteilen dürfen sich durch das neue Lösungspaket beruhigt zurücklehnen und können die Vorteile des Tausendsassas Silikon bedenkenlos nutzen. Der neue Gleitlack APO-W3 und die optimierten Silikon-Beschichtungsprozesse sind erprobt und stehen bereits für VMQ Silikone zur Verfügung. Die Arbeit des Entwicklungsteams ist hier jedoch noch nicht beendet, denn zukünftig sollen Beschichtung und Prozess auch LSR und FVMQ Bauteile verbessern.

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